Törnbericht Motorboot Pegasus Sommer 2018
Teil 1: Holland: Von Leeuwarden bis Maastricht
von Axel Hansen
Am Anfang stand ein lang gehegter Wunsch: Einmal die Mosel mit dem eigenen Boot befahren; zurück in die Kindheitsjahre… Die Weinberge, nette Orte, Riesling, die frühe Begeisterung für das Wasser… Aber wie von Oldenburg dorthin kommen? Mit einem Stahlverdränger 250 km gegen den Strom auf dem Rhein? Nein, Danke!
Wer Mitglied in einem Wassersportverein ist, möchte sie dann aber auch nicht missen: Diese Thekengespräche über die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten unsere Reviere. Und natürlich die unserer Nachbarländer:
„Ist doch ganz einfach: Zäum’ das Pferd von hinten auf: Durch Holland nach Belgien, dann über den Canal de la Meuse durch Frankreich bis Toul, und schon bist Du von oben in der Mosel!“
Aha!? – Hmm. Es geht doch nichts über geteiltes Wissen! Der Rest der Vorbereitung: Karten in Holland kaufen, Literatur über Maas, Mosel und Rhein beschaffen (Man muss ja irgendwie auch wieder nach Hause!), Broschüren vom DMYV über die nötige Ausrüstung / Papiere in den Gastländern besorgen, und:
Sehr viel Zeit mitbringen!
Unsere Reise beginnt in einem verträumten kleinen Hafen nördlich vom Bergumer Meer / Friesland: Im „T’Eibertsnest“ in Kuikhorne hat unser Boot Pegasus überwintert und sich, nach 20 Jahren Dienstzeit, verdientermaßen „etwas frisch gemacht“. Nach den üblichen Stunden der Beladung geht’s am ersten Tag nach Leeuwarden. Wir bekommen den letzten Platz mitten in der Stadt und bleiben erst mal 2 Nächte, lassen uns von der besonderen Atmosphäre der Menschen, der Häuser, der kleinen Restaurants, der allgemeinen Lebensfreude einfangen und inspirieren für den ersten Teil unserer Reise.
Auf der Weiterreise sehen wir erneut, wie modernste Brückenarchitektur sich ohne Reibung einbindet in die herrlichen alten Häuserfronten an den Kanälen.
Wir werden sicher nicht auf jeden Hafen ausführlich eingehen können. Es gilt ja auch, das bereits erkundete Revier „Friesland“ zu verlassen, um Strecke zu machen Richtung Süden. So genießen wir das beschauliche Grou und das quirlige Lemmer je für einen Tag um dann über die „Lemmstervaart“ und „Zwolsevaart“ langsam Richtung Zwaartemeer zu navigieren. Die Nachmittagssonne verwöhnt uns mit einem herrlich glitzernden Wasservogelrevier, dessen Dichte und Vielfalt sich auch nach dem Abbiegen in die „Goot“ (Verbindungskanal nach Kampen) kaum ändert. Phasenweise ist es hier sehr flach und eng. Ich bin froh, dass wir diesen Abschnitt der Reise so früh im Jahr, vor der anhaltenden Trockenheit, gefahren sind.
Für Zwolle reicht die Zeit diese Mal nicht – wir entscheiden uns, am nächsten Tag weiter zu fahren von Kampen über das Ketelmeer und Drontemeer nach Elburg. Dieses kleine Städtchen fasziniert: Bunte Vielfalt im Hafen, unzählige Cafés, nette kleine Läden, hübsche, teilweise phantasievoll geschmückte Vorgärten, regelmäßige Konzerte in der Kirche, ein Orgelmuseum, ein wöchentlich (gut!) singender Nonnenchor, der uns mit einer originellen „Tea-time“ auf das Programm einstimmt…. Der obligatorische Abendspaziergang auf der Stadtmauer: Es ist unser drittes Mal hier – wir kommen an Elburg einfach nicht vorbei. Wenn Sie mit dem Boot nicht hinkommen – nehmen Sie das Auto!!
Zwei Tage später fahren wir nach Spakenburg, einem verträumten Ort hinter der Schleuse von Nijkerk, indem sich noch einige Werften befinden, die sich mit dem Bau und dem Erhalt der alten Holzfischerboote befassen. Gerade läuft eine große Anzahl solcher Boote für die Regatta am nächsten Tag ein. Eine wunderschöne Kulisse für den Abendspaziergang.
Am nächsten Tag befahren wir „Neuland“: Über den Südzipfel des Markermeers geht es in die Vecht. Sie gilt, zu Recht, als eine der schönsten Flüsse in den Niederlanden. Wir sind auf der gesamten Strecke bis Utrecht sehr angetan vom Einklang von Architektur und Natur. Die erste Nacht verbringen wir in Weesp.
Dort erleben wir, wie man das Wochenende so richtig genießen kann: Auf den kleinen Kanälen im Zentrum kreuzt ein „Hausboot- Katamaran“, vielleicht 7 mal 3 Meter. Auf der Veranda vorne ein 5-köpfige Band, die uns Zuhörer am Ufer unterhält mit allem, was das Ohr begehrt. Pink Floyd, Soul, Jazz, Take Five. Das Hausboot fährt im Schneckentempo weiter, immer wieder wird es ans Ufer gewunken zum „Tanken“. Die Währung ist Heineken. Die Menschen zahlen begeistert. Wir tanken unsere „Gute- Laune- Akkus“ auf.
Parallel zur Vecht läuft der Amsterdamrijnkanaal. Wir entscheiden uns bewusst, langsam und entschleunigt auf der sich windenden Vecht zu bleiben, übernachten in den „Loosdrechter Plassen“ und machen erst mal in Maarssen fest, um von dort aus in Ruhe Utrecht zu besuchen.
Für jeden Skipper sicher ein Traum, die Stadt selbst zu befahren. Nachdem ich die gebogenen Tunnels sah, vor denen selbst die Ausflugsboote lieber wenden: Och nö… Ich muss ja nicht in die Zeitung…Ute ist erleichtert. Trotzdem besuchen wir die Stadt mehrmals. Mit dem Fahrrad, mit dem Auto. Nicht nur Friesland hat seine Reize.
Der verspundete Amsterdamrijnkanaal am folgenden Morgen ist bei der gegebenen Verkehrsdichte schon recht ruppig. Gut, dass das Schiff vorher „seeklar“ gemacht wurde (Tipp eines NL-Skippers in Maarssen). Zwei Stunden später kehrt wieder Ruhe ein: Wir kreuzen kurz den Lek, reisen über den Merwede Kanal nach Gorinchem.
Der wunderschöne alte Hafen lädt zum Träumen ein, die schattigen Bäume auf den Wiesen am Nordufer des Waal nicht minder.
Immer wieder fragen ich mich: Reisen wir zu schnell, zu langsam… die Dichte der Eindrücke, die wir hier gewinnen können rechtfertigt durchaus einen längeren Aufenthalt…. nur: Sind wir dann rechtzeitig zum Herbst zurück im Norden… Sollen wir am Ziel festhalten oder die Einladung des Gastlandes annehmen: Aus der Zeit fallen…
Der nächste Reisetag bringt uns an ein Zwischenziel: Wir werden die Maas erreichen. Den Fluss, der uns durch drei Länder tragen soll. Den Fluss, dessen Gegenstrom nur ein Bruchteil dessen sein soll, was uns auf dem Rhein erwartet hätte… Wir fahren über die „Andelse Maas“ nach Heusden.
Dieser Ort berührt. Alleine schon der alte Hafen, die flankierenden Windmühlen, der wunderschöne Ortskern mit den unverwechselbaren Klinkerfassaden, die alten Mauern um den Ort. Der Hafenmeister im vorgelagerten Yachtclub erzählt uns die Geschichte des schwimmenden Vereinsheims: Es ist ein altes größeres Landungsboot der Alliierten, das man sich hierhin geschleppt und zurecht gemacht hat. Schön, dass wir uns im Hier und Heute lächelnd mit einem Heineken in der Hand gegenübersitzen können.
Am nächsten Morgen bin ich angenehm überrascht: Nur etwa 0,8 km/h Strom, herrlich klares Wasser, viele kleine Baggerseen, die aber häufig gesperrt sind. Die Berufsschifffahrt fährt recht „selbstbewusst“ – also immer schön die Augen auf. S’Hertogenbosch zieht an uns vorbei – vielleicht nächstes Mal. Mir sitzen die fast 70 Schleusen auf der französischen Maas etwas im Genick. Wie Albert schon sagte: Zeit ist relativ!
Nach einer Nacht in Maasbommel bleiben wir in den wunderschönen „Mookerplas“, einem Baggersee-Revier mit bewaldeten Ufern, netten kleinen Marinas, Restaurants und viel Platz zum Ankern und Schwimmen… Wie kann man dazu nein sagen in diesem Sommer!
Der nächste Tag: Kaum zurück in der Maas reizt uns das Städtchen Cujik zu einer „Mittagsstunde in dem etwas beengten und unruhigen Stadthafen. Eigentlich steht hier „Sog und Wellenschlag vermeiden“ – man kennt das Schild…. Das geht am besten in Gleitfahrt findet ein Sportbootfahrer querab von mir. Das geht gar nicht finden die Sherriffs im Hafen direkt vor mir und drängen mich – mit Sog und Welle – ( ähem!) bei der engen Einfahrt fast gegen die Mole.
Wenig später erfahren wir: Die Men in Black fahren Zodiac mit 2 mal 150 PS. Bordbesuch gab’s heute auf dem Bayliner für € 100.- wir haben trotzdem einen schönen Nachmittag in Cujik bevor wir in einem netten Seitensee ankern für die Nacht…
Die holländische Maas ist einfach schön, immer wieder neu auf Ihre Art, begeistert mit kleinen und großen Orten… Besonders zu erwähnen auf der Strecke bis Maastricht:
Asselt. Ja, ich weiß – kennt keiner… Dennoch: Kurz vor Roermond liegt westlich der Maas wieder einer der vielen Baggerseen. In diesem See liegt, bei Asselt, der JH „Ascloa“. Für uns ein Geheimtipp. Sehr ruhig, wunderschönes Panorama, neuwertige Sanitäranlage, nettes Restaurant oberhalb des Sees. Wer also Roermond sehen will (Fahrrad), dem Trubel der Stadt aber aus dem Weg gehen will: s.o.!!
Roermond. Warnung: Roermond ist nicht gut für Ihre Bordkasse! Es sei denn, Sie meiden das Outlet!! Netter Altstadtbereich, besonders um die Kirche, siehe Bild.
Hinter Roermond beginnt leider erst mal das „Strecke machen“. Etappe eins: Julianakanaal nach Maastricht.
Mit telefonischer Anmeldung schaffen wir es gerade noch durch die Schleuse ins „Oude Bassin“, einem sehr schönen Innenhafen mit Gastronomiekulisse und unmittelbarer Nähe zur Altstadt. Für Maastricht sollte man sich Zeit nehmen. Zwei bis drei Tage Minimum. Wir allerdings haben ein kleines Problem: Maastricht hat Fieber: Andre Rieu – Fieber. Es befällt gerade die Stadt jeden Abend um ca 18:30 Uhr. Tausende Zuschauer werden mit Bussen auf den Marktplatz gekarrt um dann den eingezäunten Platz vor der Basilika mit den verkauften Sitzplätzen zu stürmen. Die Cafés und Bistros rundum sind überfüllt für die TV- Live- Übertragungen… Wir werden nach der Genesung wiederkommen….
Ende Teil 1